EINE INTERDISZIPLINÄRE ZEITREISE MIT TANZ, THEATER UND FILM
Jugendliche der CJD CHRISTOPHORUSSCHULE RÜGEN in Sellin traten in diesem Projekt eine Zeitreise an in die Vergangenheit der Insel, ihrer Heimat. Über zwei Jahre recherchierten sie historische Ereignisse, lokale Geschichte und Geschichten und entwickelten aus dem Stoff kleine Theaterstücke.
Wie Rügen zur beliebtesten Urlaubsinsel in Deutschland wurde, wer die Seebäder mit der beeindruckenden Architektur und Atmosphäre geschaffen hat, was der Abbruch der Kreidefelsen bedeutet und was genau während der Enteignungswelle „Aktion Rose“ 1953 in der DDR geschah, sind die Themen aus einer großen Sammlung an historischem Material, welche am Ende medial- und bühnentauglich umgesetzt wurden. Der „Rasdende Roland“ verbindet die einzelnen Szenen zu einer Collage, so wie er symbolisch Vergangenheit und Gegenwart und ganz real die Seebäder auf der Insel verbindet.
Am 05. September feierte das Projekt erfolgreich Premiere in der Aula der CJD CHRISTOPHORUSSCHULE in Sellin.
"PUTBUS TANZT"
Teenagerin Mady träumt, dass sie die Auserwählte von Fürst Wilhelm Malte zu Putbus (1783 – 1854) auf einem Ball in seinem Schloss ist. Einmal Prinzessin sein und in die ruhmreiche Vergangenheit des Fürsten eintauchen, der die Insel Rügen so maßgeblich verändert hat. Vergangenheit und Gegenwart geraten dabei mächtig durcheinander. Die beste Freundin Cassie holt Mady letztendlich wieder in die Realität zurück. Nach dem Erwachen stellt Mady jedoch erstaunt fest, dass sie historisch falsch geträumt hatte.
Die Traumsequenz wurde filmisch umgesetzt. Die Inszenierung wechselt zwischen Bühne und Leinwand, zwischen damals und heute.
"AKTION ROSE"
Für ihre Inszenierung recherchierten die Jugendlichen persönliche Geschichten von Betroffenen der Enteignungsaktion 1953 auf Rügen und an anderen Orten der Ostseeküste. Sie entwickelten daraus fiktive Situationen, die beispielhaft für die Schicksale vieler Hotel- und Gaststättenbesitzer von damals sein soll. Eine Pensionsbesitzerin und auch ihre Angestellte werden aus fadenscheinigen Gründen verhört und verhaftet, die Pension in das Volkseigentum der DDR überführt. Die Collage aus Spielszenen, Texten und Zitaten widerspiegelt eine brutale Episode der DDR-Vergangenheit an der Ostseeküste.
Insgesamt wurden damals 440 Hotels und Pensionen, 181 Gaststätten, Wohnhäuser und Wirtschaftsbetriebe – vom Strandkorbbau bis zur Holzfabrik – beschlagnahmt.
"DER KLIPPENFALL"
Ist die tote Frau über die Klippe gesprungen oder ist sie gestoßen worden oder ist sie ein Opfer des Kreideabbruchs an Rügens Steilküste? Als Krimi inszeniert, haben sich die Darstellerinnen und Darsteller in dieser Szene mit dem nicht aufzuhaltenden natürlichen „Untergang“ der Insel humorvoll auseinandergesetzt.
Das weiche und brüchige Fundament der Insel, die Kreide, hat ihr zwar mit den weißen Steilküsten ihre berühmtesten Ansichten beschert, ist aber gleichzeitig ihr Verhängnis. Die Kreidefelsen bröckeln, brechen manchmal in großen Planken ab. Überall auf der Insel nagen See, Wind und Wetter an den hohen Ufern und holen sich Land mitsamt Vegetation von oben. Das bedeutet Lebensgefahr für alle Wanderer und Spaziergänger ober- und unterhalb der Felswände.
"VOM FISCHERDORF ZUM BADEORT"
Eine Malerin und ihre Muse kommen in das kleine Fischerdorf Göhren auf der Insel Rügen. Von Caspar David Friedrich inspiriert, wollen auch sie hier ein Meisterwerk erschaffen. Nach einem Tag voller Eindrücke am Meer, ist jedoch die Kutsche weg. Künstlerin und Muse finden Unterschlupf bei alteingesessenen Fischersleuten. Deren Leben soll diese Begegnung total verändern. Aus ihrem bescheidenen Fischerhaus wird bald eine Pension für Badegäste.
Schon in der Steinzeit hatten sich Menschen auf der flächengrößten deutschen Insel angesiedelt, heute leben hier ca. 70.000 Einwohner*innen. War Rügen einst geprägt vom Fischfang, der Kreide, Bernstein und der Landwirtschaft, dominiert heute der Tourismus. Besonders bekannt sind Badeorte wie Göhren, Baabe, Sellin und Binz mit ihrer einzigartigen Bäderarchitektur.
Beispiel Göhren: Um 1870 kamen die ersten Badegäste in das Fischerdorf Göhren. 1878 wurde Göhren dann offiziell als Seebad anerkannt. Zu jener Zeit gab es hier 44 Häuser. 1915 waren es schon 124. Im Jahr 1900 konnte die Zahl der Besucher zum ersten Mal festgehalten werden, damals wurden 6700 Gäste im Ort beherbergt. Anfang der 70er Jahre zählte das Ostseebad 1790 Einwohner und 4400 Gästebetten. Im Jahr 2020 verzeichnete Göhren 70995 Gäste. Auf der gesamten Insel tummeln sich jährlich Millionen von Menschen, pro Saison werden etwa 6,4 Millionen Übernachtungen registriert. Wird Rügen das Sylt des Ostens? Anwohner und Touristiker sagen: Die Grenzen des Wachstums sind erreicht.
DIE AUSSTELLUNG
Mit der Ästhetik ähnlich einer Wandzeitung wurden zu allen vier Inszenierungen der historische Hintergrund und die Probenarbeit auf mannshohen Pinwänden in der Aula der Schule dokumentiert. Außerdem hielten die Jugendlichen ihre Lieblingsorte auf der Insel und ihre Eindrücke von der Projektarbeit für die Ausstellung fest. Gäste und Schüler konnten so vor und nach den Aufführungen mehr über die Projektarbeit, die einzelnen Geschichten und Darstellerinnen und Darsteller erfahren.